Dolmetschen zwischen den Fronten

Zwischen den Fronten befindet man sich als Dolmetscher häufiger. In der Regel ist dies allerdings im übertragenen Sinne gemeint. Doch gibt es auch viele Dolmetscher, die in Krisen- oder gar Kriegsgebieten zwischen wirklichen Fronten arbeiten. Um sie und ihr Schicksal ging es bei einem Podiumsgespräch, das von der AIIC, dem internationalen Verband der Konferenzdolmetscher, zusammen mit dem Memorium Nürnberger Prozesse veranstaltet wurde.

Nicht Sprachmittler, sondern Verräter
Die Arbeit als Dolmetscher in Krisengebieten ist an sich schon gefährlich. Noch gefährlicher kann es für die Betroffenen werden, wenn die ausländischen Truppen abziehen. Konkret erleben das derzeit viele Dolmetscher, die für die verschiedenen Streitkräfte, so auch für die Bundeswehr, in Afghanistan tätig sind. Viele dieser Ortskräfte fürchten um ihr Leben, denn für manche ihrer Landsleute sind sie nicht Sprachmittler, sondern schlicht und einfach Verräter.

Eindrucksvolle Schilderungen
Auf dem Podium saßen unter anderem auch ein afghanischer Dolmetscher, der in Deutschland Asyl beantragt hat, und ein Oberstleutnant der Bundeswehr a.D. Durch seine Aussagen wurde deutlich, wie wichtig deutsch sprechende Ortskräfte sind. Die Schilderungen des afghanischen Dolmetschers machten die Bedrohungssituation in vielfacher Weise spürbar und nachvollziehbar. Deutlich wurde auch, dass zu dieser Art der Zusammenarbeit viel Vertrauen notwendig ist. Der afghanische Dolmetscher brachte es auf den Punkt, als er sagte, „We are the eyes, ears and tongues of the military“.

Offener Brief an die Bundeskanzlerin
Wünschenswert wäre daher, wenn diese Ortskräfte nach Abzug der deutschen Truppen Asyl in Deutschland erhielten. Doch bislang wurden entsprechende Anträge kaum bewilligt. Daher fordern nun eine Reihe von Berufsverbänden in einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin großzügige Regelungen für diese Dolmetscher und Übersetzer.

Es war wichtig, sich an diesem Abend im historischen Saal 600 des Memorium Nürnberger Prozesse ein persönliches Bild von der Situation machen zu können. Und wir freuen uns, dass sich unser Berufsverband mit den internationalen Verbänden für die Dolmetscher in Afghanistan einsetzt.

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