Logorrhoe – Sprechdurchfall

Bei einem Vortrag eines Kommunikations- wissenschaftlers, den ich kürzlich simultan ins Englische gedolmetscht habe, kam plötzlich der Begriff „Logorrhoe“ vor. Nicht gerade ein Begriff, mit dem man täglich zu tun hat. Ich hatte ihn, ehrlich gesagt, noch nie gehört. Allerdings hatte ich unmittelbar die Assoziation zu „Diarrhoe“. Dies, das griechische „lógos“ und natürlich auch der Kontext haben mir dann ermöglicht, in Bruchteilen von Sekunden zu erfassen, um was es sich wohl handelt. Dass Logorrhoe aufgrund seiner griechischen bzw. lateinischen Wurzeln im Englischen wahrscheinlich auch so heißt, nur anders ausgesprochen wird, war dann relativ naheliegend.

Krankhaftes Mitteilungsbedürfnis
Der Begriff hat mich so fasziniert, dass ich dazu im Nachgang eine kleine Recherche angestellt habe und siehe da, ich fand meine Überlegungen bestätigt. Umgangssprachlich wird Logorrhoe als Redesucht, Sprechdurchfall oder krankhafte Geschwätzigkeit bezeichnet. Der Begriff kommt ursprünglich aus dem medizinischen Bereich und tritt als psychisches Symptom am häufigsten im Zusammenhang mit manisch-depressiven Krankheiten auf. Die Patienten verspüren einen zwanghaften Drang sich mitzuteilen. Dies äußert sich in drangvollem, schnellem, unaufhörlichem Reden teilweise ohne Zusammenhang.

Talken, Twittern, Kommentieren
Interessant ist, dass dieser Begriff auch in den Medien verwendet wird. Und nun schließt sich wieder der Kreis zum gedolmetschten Kommunikationswissenschaftler. Hier bezeichnet Logorrhoe das Phänomen, dass in den unterschiedlichsten Medien „alles von jedem“ pausenlos kommentiert wird. Dazu gehören sicherlich auch die sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter, aber zum Beispiel auch die unglaublich vielen Kommentare zu Artikeln in Online-Ausgaben von Zeitungen oder im Fernsehen die Talkshows. So gab es kürzlich im Deutschlandfunk etwa eine Diskussion über Medien und Medienpolitik mit dem Titel „Leitmedium oder Logorrhoe: Wie viele Talkshows braucht das Land?“
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturgespraech/1569716/

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